Dieser Mann macht aus Trafohäuschen in Ettlingen kleine Kunstwerke

Anfangs sind die Leute skeptisch, mancher hat auch schon die Polizei gerufen – doch wenn Marco Billmaier mit seinen Graffiti fertig ist, sind die Anwohner meist begeistert. Seit eineinhalb Jahren besprüht der 37-Jährige im Auftrag der Stadtwerke Trafostationen.

In Aktion: Marco Billmaier vor einem Trafohäuschen der Stadtwerke an der Ecke Josef-Stöhrer-Weg/Ahornweg in Ettlingen West.
In Aktion: Marco Billmaier vor einem Trafohäuschen der Stadtwerke an der Ecke Josef-Stöhrer-Weg/Ahornweg in Ettlingen West. Eine Ente wird die Wand schmücken, wenn das Graffiti-Kunstwerk fertig ist. Foto: Julia Trauden 

Ausgestattet mit einer Atemschutzmaske und Handschuhen zaubert der Sprayer ein Kunstwerk auf die graue Fläche. Weit über 100 Sprühdosen hat der Graffitikünstler dabei. „Allein der Hintergrund hat 30 verschiedene Farbtöne“, erklärt er.

Seine Aufgabe heute: Ein abstraktes Graffiti, in dessen Mittelpunkt eine Ente steht – quasi das Wappentier des Stadtteils, zumindest findet es sich in vielen Bezeichnungen von Orten und Gebäuden wieder. Die Entenseehalle, die Entenseeapotheke oder der Entenbrunnen sind Beispiele. Den Auftrag für das Graffiti hat Billmaier von den Stadtwerken Ettlingen erhalten, die Idee mit der Ente kommt von der Interessengemeinschaft Ettlingen-West.

An der Wand zeichnen sich schon die Konturen ab: Zwischen abstrakten Formen in unterschiedlichen Blautönen watschelt die Ente durchs Bild, der Körper umrissen mit gelben Linien. Außerdem erkennbar: die Buchstaben C, O, M,A und R. Es ist Billmaiers Sprayer-Pseudonym COMAR, sein Vorname in veränderter Buchstabenfolge und sein Markenzeichen. Wenn das Werk in zwei Tagen vollendet ist, wird man es aber kaum noch erkennen, erklärt der 37-Jährige. Ihm geht es nicht darum, seinen Namen bekannt zu machen.

Zufall brachte Stadtwerke und Sprayer zusammen

Es ist nicht das erste Graffiti, das Billmaier im Auftrag der Stadtwerke an eine Wand sprüht. Seit eineinhalb Jahren arbeitet er für die städtische Tochtergesellschaft, zehn Trafostationen hat er schon verschönert. Ein Zufall brachte ihn und Sven Scherer, Prokurist bei den Stadtwerken, zusammen. „Ich habe ihn an der Landstraße gesehen, wo er gerade gesprüht hat“, erzählt Scherer. 

Hingucker für Passanten: Eine Eule, ein Schmetterling und eine Blumenwiese schmücken ein Trafohäuschen in der Ettlinger Zehntwiesenstraße.
Hingucker für Passanten: Eine Eule, ein Schmetterling und eine Blumenwiese schmücken ein Trafohäuschen in der Ettlinger Zehntwiesenstraße. Es ist eine von 36 Trafostationen der Stadtwerke, die mit Graffiti besprüht sind. Foto: Julia Trauden 

Er war damals im Auftrag der Netze BW unterwegs, für die er schon seit sechs Jahren Umspannstationen verschönert, erklärt Billmaier. An das erste Zusammentreffen mit Scherer erinnert er sich noch genau. „Er stand plötzlich hinter mir und hat gesagt: Das will ich auch.“

Anfänge als Teenager in Wiesloch

Vor zweieinhalb Jahren hat Billmaier seinen Job als Produktionsleiter in einer Mannheimer Firma an den Nagel gehängt, um sich voll und ganz der Graffitikunst zu widmen. Der ausbildete Kommunikationselektroniker fing als Teenager mit dem Sprühen an, damals noch an legalen Sprayerwänden in seiner Heimatstadt Wiesloch. 

Vor 14 Jahren meldete er ein Kleingewerbe an, um mit Graffiti Geld zu verdienen. Anfangs waren es kleinere Aufträge, zum Beispiel Leinwände als Geschenke, dann kamen Kinderzimmer und Garagenwände hinzu. Inzwischen bearbeitet der Familienvater über 100 Quadratmeter große Wände. Das größte Projekt: ein Indoorspielplatz mit 450 Quadratmetern Wandfläche in Mannheim.

Mittel gegen Schmierereien an Trafostationen

In Ettlingen sprüht Billmaier vor allem Motive mit lokalem Bezug. In der Hohewiesenstraße etwa, unweit des Brieftaubenvereins, sind Taube, Falke und Bussard auf einer Trafostation zu sehen. Die „repräsentative Funktion“ der Werke für den Stadtteil sei ihm wichtig, erklärt Sven Scherer. Billmaier ist nicht der einzige Sprayer, der für die Stadtwerke arbeitet. Andere Graffitikünstler und auch Schulklassen haben schon insgesamt 36 Trafostationen im Stadtgebiet verschönert. 

Die Kunstwerke sind nicht nur ein Hingucker, sie überdecken auch Schmierereien, „mit denen wir lange zu kämpfen hatten“, so Scherer. An die Graffiti wagten sich die Schmierfinger nicht heran: Noch sei keines mit Kritzeleien verschandelt worden.